des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat,
des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) und
des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ)
Heute wurde im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat das Buch „Hüter der Ordnung – Die Innenministerien in Bonn und Ost-Berlin nach dem Nationalsozialismus“ vorgestellt. Das Buch fasst die Ergebnisse eines knapp vierjährigen Forschungsprojekts zusammen, in dem die Geschichte des Bundesinnenministeriums (BMI) und des Ministeriums des Innern der DDR (MdI) erstmals systematisch untersucht wurde. Es stellt dar, mit welchem Personal beide Ministerien nach 1949 aufgebaut wurden, welche Prägungen die Bediensteten hatten und wie sich dies auf die Arbeit der Behörden auswirkte.
Dazu Bundesminister Horst Seehofer: „Heute, fast siebzig Jahre nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland, leben wir im tolerantesten, freiheitlichsten und friedlichsten Deutschland, das wir je hatten. Dies hängt eng zusammen mit der Bereitschaft, sich ehrlich mit unserer Vergangenheit auseinander zu setzen und entsprechende Lehren zu ziehen. Das Forschungsprojekt sehe ich als wichtigen Teil dieser Auseinandersetzung.“
Mehrheit der BMI-Mitarbeiter aus der Bürokratie des Nationalsozialismus
Zwar stammten nur ein Zehntel der Beamten des BMI aus dem Reichsinnenministerium, jedoch die Mehrheit aus der Bürokratie des Nationalsozialismus, so die Bilanz der Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Frank Bösch (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam) und Prof. Dr. Andreas Wirsching (Institut für Zeitgeschichte München – Berlin).
Meist waren dies Juristen aus der kommunalen Verwaltung, deren Berufseinstieg während der NS-Diktatur erfolgte. Während Belastete anfangs eher untergeordnete Posten erhielten, waren um 1960 zwei Drittel der leitenden Mitarbeiter (ab Referatsleiter) ehemalige NSDAP-Mitglieder und fast die Hälfte vormals Angehörige der SA.
„Die Bewerber mussten über ihren Lebenslauf Rechenschaft ablegen, allerdings wurden die Angaben kaum überprüft. Nicht wenige Beamte vermochten daher wesentliche Teile ihrer NS-Vergangenheit zu verschweigen. Sie passten sich der neuen demokratischen Ordnung an, aber oftmals bestanden etatistisch-autoritäre, nationalistische und stark antikommunistische Denkmuster fort, was sich in ihrer politischen Arbeit niederschlug.“, so Prof. Dr. Andreas Wirsching.
Der Band weist in vielen Bereichen nach, wie Gesetzesentwürfe aus dem Apparat des Bundesinnenministeriums an öffentlichen Protesten und dem Veto anderer politischer Gremien und Akteure scheiterten – wie etwa die Planungen zum Notstand, zum Presserecht oder zur Verfassung eines vereinigten Deutschlands.
Gegenüber jüdischen Minderheiten wählten die belasteten Mitarbeiter ebenfalls oft eine harte Linie, die einen Fortbestand älterer, zum Teil bereits vor 1933 üblicher Denkmuster zeigt. Auch in diesen Fällen entstand ein öffentlicher Unmut, der demokratische Lern- und Anpassungsprozesse in der Verwaltung förderte.
Alt-Kommunisten und junge Kader im Ministerium des Innern der DDR
„Im Ministerium des Innern der DDR“, erläutert Prof. Dr. Frank Bösch, „übernahmen Alt-Kommunisten und unbelastete junge Kader die Leitungsposten. Mitte der 1950er-Jahre waren dennoch immerhin rund ein Zehntel der leitenden Mitarbeiter ehemalige NSDAP-Mitglieder. Meist handelte es sich aber um jugendliche Eintritte während des Krieges, in den Expertenabteilungen aber auch um erfahrene Eliten.“
Trotz der meist administrativ unerfahrenen Mitarbeiter gelang es dem Ministerium des Innern, eine Polizeiverwaltung und Administration aufzubauen, die die Machtstellung der SED sicherte.
In den zivilen und wissenschaftlichen Abteilungen dagegen knüpfte das ostdeutsche Ministerium stärker an etablierte Experten an, selbst wenn sie bürgerliche Lebensläufe aufwiesen und im Nationalsozialismus Karriere gemacht hatten. Das galt besonders für die im MdI angesiedelten Leitungsstellen im Archivwesen und für den militärisch relevanten Wetterdienst, wo rund 30 Prozent der Abteilungsleiter früher der NSDAP angehört hatten.
Während das Bundesinnenministerium am traditionellen Beamtentum und an der bisherigen Verwaltungspraxis festhielt, erfolgte im Osten ein kompletter Umbau, um den Einfluss der SED zu stärken.