Die Medienpolitik des Bundesinnenministeriums nach dem Nationalsozialismus

Stefanie Palm

Die Medienpolitik des Bundesinnenministeriums stand in vielen Bereichen im Schatten des Nationalsozialismus: Die „Schmutz und Schund-Debatte“, die Initiativen zu einem Bundespressegesetz oder dem „Lex Soraya“ sowie die Etablierung einer Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft sind nur einige Beispiele, an denen sich anhand von Gesetzesinitiativen der BMI-Kulturabteilung Konflikte in der deutschen Öffentlichkeit entzündeten. Nach dem Nationalsozialismus wurde eine Einflussnahme des Bundes auf die Medien- und Kulturlandschaft besonders kritisch gesehen, während in anderen europäischen Ländern zentralistische Kulturkonzepte sogar expandierten. In einem permanenten Aushandlungsprozess um Handlungsfelder und Kompetenzen wurde deshalb immer wieder neu verhandelt, welche Akteure die sogenannte Kulturhoheit besaßen. Das herrschende zeitgenössische Konzept von den „mächtigen Medien“ lässt darauf schließen, dass gerade in den Feldern des Films, des Fernsehens, des Rundfunks und der Presse konkrete Ordnungsvorstellungen der staatlichen Akteure offenbar wurden.

Ziel der Untersuchung ist es, den Konflikten, Skandalen und Reibungen der Kulturabteilung des Bundesinnenministeriums nachzuforschen und diese sowohl in den Interaktionsraum des Regierungshandelns als auch in den biographischen fünffachen Erfahrungshorizont der Akteure sowie in die tradierten Modelle von Presse- und Meinungsfreiheit einzuordnen. Wie positionierte sich die Kulturabteilung zu einer sich wandelnden und pluralistischen Gesellschaft? Wo lagen die Brüche und Kontinuitäten des Demokratie- und Öffentlichkeitsverständnisses und inwieweit entsprach dies den generellen Entwicklungen in der deutschen Öffentlichkeit? Schließlich wird zu beantworten sein, wie und in welchem Umfang die Kontroversen um die Meinungs- und Pressefreiheit den Umgang mit dem Vermächtnis der nationalsozialistischen Medienpolitik mitverhandelten.