Weitere Publikation zur Nachkriegsgeschichte der beiden deutschen Innenministerien liegt vor
Am 2. März 2020 erschien im Wallstein Verlag die fünfte Veröffentlichung zur Geschichte der deutschen Innenministerien nach 1945 (hg. von Frank Bösch und Andreas Wirsching). Dr. Lutz Maeke hat am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin zur Biografie von Carl Steinhoff geforscht und seine Ergebnisse in der Studie Carl Steinhoff: Erster DDR-Innenminister. Wandlungen eines bürgerlichen Sozialisten niedergelegt.
Intellektueller, Sozialdemokrat, Stalinist: Das Porträt einer ambivalenten Persönlichkeit
Carl Steinhoff (1892–1981) machte in der Weimarer Republik als preußischer Spitzenbeamter Karriere. 1933 wurde der promovierte Jurist aus allen öffentlichen Ämtern entfernt, weil er SPD-Mitglied war. 1945 avancierte Steinhoff, der während des „Dritten Reiches“ zurückgezogen unweit von Potsdam gelebt hatte, in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) zum Ministerpräsidenten Brandenburgs und wurde DDR-Innenminister.
Lutz Maeke fragt in seinem Buch nach der familiären Sozialisation Steinhoffs, nach Prägungen und nach Motiven seines beruflichen Engagements vor und nach 1945. Dabei ordnet er dessen Biografie zum einen in die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie ein und betrachtet sie zum anderen im Kontext einer in der frühen DDR betriebenen Instrumentalisierung bürgerlich-liberaler Politiker der Weimarer Republik. Maeke verdeutlicht auf diese Weise etwa, dass Steinhoff 1945 nicht prokommunistisch agierte, weil er in den 1920er Jahren Linkssozialist gewesen war. Verantwortlich für seine Position damals war vielmehr sein verbittert-gestörtes Verhältnis zur Weimarer Sozialdemokratie. Maeke arbeitet zudem heraus, dass Steinhoff sein etatistisch-konservativ gefärbtes Rechts- und Staatsverständnis von anderen „bürgerlichen“ Politikern in der SBZ und der frühen DDR unterschied – und dazu beitrug, dass er am Aufbau der Parteidiktatur der SED kontinuierlich mitarbeitete.
Die Arbeit von Lutz Maeke fördert nicht nur mit Blick auf Steinhoffs während des „Dritten Reiches“ gepflegte Freundschaft mit jüdischen Intellektuellen neue Details seiner Biografie zutage, sondern ergänzt auch die Hintergründe seiner Entlassung als Innenminister 1952 um neue Facetten. Maekes Buch leistet insgesamt einen Beitrag zur Geschichte der Elitenkontinuität zwischen der Weimarer Republik und der frühen DDR.